Gesetzesänderungen zur Kinderpornographie nach § 184b StGB
Am 28. Juni 2024 trat eine wesentliche Reform des Straftatbestands der Kinderpornographie nach § 184b StGB in Kraft, die erhebliche Auswirkungen auf den Strafrahmen für den Besitz, Erwerb und die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte hat. Mit dieser Gesetzesänderung reagiert der Gesetzgeber auf die teils scharfe Kritik an den im Jahr 2021 verschärften Regelungen, die als zu rigoros und praxisfern wahrgenommen wurden. Die neue Regelung verfolgt das Ziel, eine differenziertere strafrechtliche Bewertung zu ermöglichen und den Gerichten bei der Strafzumessung mehr Flexibilität einzuräumen, ohne den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gefährden.
Hintergrund der Gesetzesänderung der Kinderpornographie nach § 184b StGB
Die ursprüngliche Verschärfung des Straftatbestands der Kinderpornographie gemäß § 184b StGB im Jahr 2021 führte dazu, dass selbst der Besitz oder die Weiterleitung einzelner Dateien, die als kinderpornographisch eingestuft wurden, zwingend mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr geahndet werden musste. Diese Einstufung als Verbrechen sorgte dafür, dass selbst geringfügige Verstöße keinen Raum für milde Sanktionen boten. In der Praxis stießen diese Vorschriften auf erhebliche Probleme, insbesondere bei jugendlichen oder heranwachsenden Tätern, bei denen eine Strafrahmenanpassung an das Unrechtsbewusstsein und die persönliche Reife kaum möglich war. Auch Fälle, in denen lediglich ein geringer Unrechtsgehalt bestand, wie etwa die versehentliche Speicherung einer Datei, konnten nicht differenziert behandelt werden.
Die jetzt eingeführten Änderungen greifen diese Kritik auf und schaffen einen Strafrahmen, der besser zwischen schwerwiegenden Verstößen und minder schweren Fällen unterscheidet.
Kernpunkte der Gesetzesreform des § 184b StGB
Die Gesetzesänderung hat den Strafrahmen für den Besitz, Erwerb und die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte neu definiert. Der wohl wichtigste Aspekt der Reform ist die Herabsetzung der Mindeststrafen, die nun wieder eine Einstufung als Vergehen ermöglichen:
- Verbreitung kinderpornographischer Inhalte: Die Mindestfreiheitsstrafe der Kinderpornographie nach § 184b StGB wurde von einem Jahr auf sechs Monate reduziert. Dies bedeutet, dass die Verbreitung kinderpornographischen Materials nicht mehr zwingend als Verbrechen, sondern in minder schweren Fällen als Vergehen behandelt werden kann. Die Höchststrafe bleibt jedoch weiterhin bei zehn Jahren Freiheitsentzug bestehen.
- Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte: Die Mindeststrafe wurde von einem Jahr auf drei Monate gesenkt. Dies bietet insbesondere in Fällen, in denen ein geringer Unrechtsgehalt vorliegt – etwa beim unbewussten Besitz oder bei Tätern ohne Vorstrafen –, eine mildere rechtliche Einordnung. Die Höchststrafe bleibt mit bis zu fünf Jahren ebenfalls unverändert.
Auswirkungen der Reform des Strafrahmens der Kinderpornographie auf die Praxis
Mit der Absenkung der Mindeststrafen und der erneuten Möglichkeit, bestimmte Delikte als Vergehen zu werten, wird der Justiz mehr Handlungsspielraum bei der Strafzumessung eingeräumt. Für Betroffene ergeben sich dadurch wesentliche Vorteile. Insbesondere minder schwere Fälle können künftig auf verschiedene Weise behandelt werden, ohne dass eine Freiheitsstrafe unausweichlich wird.
Ein zentraler Punkt ist die Möglichkeit, Verfahren gemäß § 153 oder § 153a StPO einzustellen. Diese Vorschriften erlauben die Einstellung eines Verfahrens, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen ist oder bei Auflagen und Weisungen eine Verfahrenseinstellung als sachgerecht erscheint. Dies könnte beispielsweise bei Jugendlichen, die erstmalig mit kinderpornographischem Material gemäß § 184b StGB in Berührung kommen, oder bei unklarer Beweislage zum Tragen kommen.
Zudem kann nun das Strafbefehlsverfahren Anwendung finden, was die Belastung durch eine öffentliche Hauptverhandlung vermeidet. Dies bietet insbesondere Ersttätern eine schnellere und diskretere Verfahrensabwicklung. Dennoch bleibt der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers, was sich in den unveränderten Höchststrafen widerspiegelt.
Geltung der neuen Regelung für bestehende Kinderpornographie-Verfahren
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anwendung des sogenannten Günstigkeitsprinzips. Nach Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz und § 2 Abs. 3 StGB gilt für alle anhängigen Verfahren das mildere Recht. Das bedeutet, dass auch Verfahren, die vor dem 28. Juni 2024 eingeleitet wurden, nach den neuen Regelungen beurteilt werden können, sofern dies für den Angeklagten vorteilhafter ist. Dies eröffnet für laufende Fälle die Möglichkeit, Strafmilderungen zu erwirken oder Verfahrenseinstellungen zu beantragen.
Kritische Würdigung der Änderungen des § 184b StGB
Die Reform des § 184b StGB wird in der Rechtswissenschaft und der Praxis überwiegend positiv aufgenommen. Sie wird als notwendiger Schritt betrachtet, um den Strafrahmen praxisgerechter zu gestalten und eine differenzierte Ahndung zu ermöglichen. Besonders begrüßt wird die Absenkung der Mindeststrafen, da sie den Gerichten die Möglichkeit gibt, das tatsächliche Unrecht eines jeden Falles individuell zu bewerten. Kritiker merken jedoch an, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht geschwächt werden dürfe und eine konsequente Verfolgung schwerwiegender Fälle weiterhin oberste Priorität haben müsse.