BVerfG zur Verhältnismäßigkeit bei Durchsuchungen wegen KiPO
In einer aktuellen Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 29.01.2025 – 1 BvR 1677/24) äußerte sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) insbesondere zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, nahm jedoch im Rahmen eines obiter dictum auch zur Verhältnismäßigkeit von Durchsuchungen in Verfahren wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte Stellung.
Im Ausgangsfall führte die Staatsanwaltschaft gegen einen knapp 16-jährigen Jugendlichen Ermittlungen, nachdem dieser in einem Chat ein vermeintlich 13-jähriges Mädchen um Nacktbilder gebeten hatte. Das Mädchen, tatsächlich erst elf Jahre alt, hatte diese Bitte abgelehnt. Daraufhin ordnete das Amtsgericht dennoch die Durchsuchung der Wohnung des Jugendlichen an, da der Chatverlauf ein angebliches Interesse an kinderpornographischem Material erkennen ließe. Die Beschwerde gegen die Durchsuchung wurde vom Landgericht abgewiesen.
Die vom Jugendlichen erhobene Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wies das BVerfG als unzulässig ab, da Fristen nicht ausreichend belegt wurden (§ 23 Abs. 1 S. 2 BVerfGG, § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG). Dennoch äußerte das Gericht erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung. Insbesondere sei die Schwere des Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre angesichts des lediglich kurzen und vagen Chatverlaufs und der geringen Auffindewahrscheinlichkeit strafbarer Inhalte problematisch. Ein weitergehender Verdacht, dass der Jugendliche weiteres kinderpornographisches Material besitze, sei nicht erkennbar gewesen.
Dieses deutliche obiter dictum des BVerfG lässt vermuten, dass die Verfassungsbeschwerde bei ordnungsgemäßer Zulässigkeit erfolgreich gewesen wäre. Es verdeutlicht zudem die hohen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit strafprozessualer Eingriffe, gerade bei jugendlichen Beschuldigten, und warnt vor der Annahme eines weitergehenden Tatverdachts allein aus minimalen Anhaltspunkten.